Welche Wahrheit zeigt ein Titelbild? KAMI Exhibition by Sven Sauer

Stellt euch bitte mal vor, ihr seht in den Medien eine Demonstration. Eine Demo beispielsweise für bezahlbaren Wohnraum, Stopp von Atomtests oder gegen Rechtsextremismus (kotz). Ich denke wir alle könnten behaupten, dass wir die Ziele durchaus ebenfalls unterstützen würden – zumindest aber eine nicht allzu kleine Sympathie gegenüber den Demonstranten hegen. Das ist keine Zauberei, sondern durchaus ein nachvollziehbarer und wahrscheinlich auch richtiger Gedanke.

Was ist aber, wenn zwar das Ziel als ein Gutes zu verstehen ist, aber plötzlich Gewalt von Demonstranten ausgeht? Was ist wenn ihr seht, dass Autos angezündet werden, Geschäfte geplündert und euer Stadtteil auf einmal einem Kriegsschauplatz gleicht? Wie sieht es dann mit den Zielen aus? Sind wir dann noch immer so verständnisvoll und würden ebenfalls weiterhin für die Sache einstehen? Und was ist mit den Menschen, die nur stiller Beobachter dessen sind? Oder Sympathisanten? Oder sogar Gegner? Gelingt es den Medien, genau diese Unterscheidung in ihren Bildern zu transportieren?

KAMI Photocredit ©Saskia Upperkamp

Sven Sauer, 19779 geboren in Groß-Gerau ist der Überzeugung, dass der Betrachter nachdenken, mehr hinterfragen und Stellung beziehen muss. Er verfolgt seit zehn Jahren die Entwicklung von Demonstrationen auf der ganzen Welt. Die aktuelle Serie „Kami“, welche in Kooperation mit dem Dresdener Sound Artist Bony Stoev umgesetzt und inszeniert wird, hinterfragt die durch die Medien gefärbte eigene Wahrnehmung.

Von Tausenden Bildern, die in Hongkong, New York, Dresden oder Kiew aufgenommen werden, wählt der Fotograf vielleicht Hundert aus, die er an eine Redaktion schickt. Dort zählt dann mehr die Qualität, das Aufmerksamkeit steigernde Moment, um ein Bild für den Druck auszuwählen. Und der Betrachter hat von einer komplexen Protestbewegung nur noch den Bruchteil einer Sekunde, gerade die Momentaufnahme, um sich sein eigenes Bild zu machen. Zu wenig für die Macht, die in einem Bild stecken kann. (Sven Sauer)

Vom 26. bis 28. Januar (jeweils von 18 – 22 Uhr) hüllen die Künstler Sauer und Stoev den Dresdner Neumarkt in leuchtenden Bodennebel. Wie bei einem überdimensionalen Mobile schweben fünf Figuren internationaler Protestbewegungen vor der Kulisse der Frauenkirche. Dort, wo sich Bild und Ton treffen, geht es dem Soundkünstler darum, eine weitere Ebene zu bespielen. Der tiefe Frequenzbereich, in dem er agiert, soll die Betrachter durchaus verunsichern und die Stimmung beschreiben. Während der Installation kann Bony Stoev auf alle Besonderheiten reagieren, so dass tatsächlich das Ikonenhaft-Göttliche der Bilder weiter in den Vordergrund drängt. Schritt für Schritt soll es möglich werden, als Konsument/Betrachter ein Teil der Ausstellung zu werden, das Gefühl zu erwecken, das Leben ist nicht auf eine logische Sekunde reduziert, in einem Foto konserviert, sondern die Betrachter kommen ins Bild. Der Sound verändert dabei die Perspektive – vom neutralen Beobachter bis hin zum Akteur soll alles möglich sein. Auf der Suche nach Neutralität, eigenen Positionen oder um die mediale Wirklichkeit zu hinterfragen. Sven Sauer und Bony Stoev misstrauen den Bildern, die wir täglich um uns herum vorfinden. Den tatsächlichen und denen in unseren Köpfen. Der Eintritt dieser beeindruckenden Exhibition ist natürlich kostenfrei!

KAMI Photocredits ©Carsten Baier


(Photocredits Artikelbild: Stefan Guddat)

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